Manche Leidenschaften beginnen nicht laut, nicht früh, nicht mit einem klaren Ziel. Manchmal wachsen sie leise – mit jedem Schritt hinaus in die Natur, mit jedem Moment des Innehaltens. Bei Julien Pröpper ist genau das spürbar. Seine Fotografie erzählt nicht von Perfektion oder Planung, sondern von Offenheit. Von einem Blick, der sich entwickeln durfte.
„Ich habe nie vorgehabt, Fotograf zu werden. Die Kamera war immer nur ein Begleiter.“
Julien stammt ursprünglich aus Deutschland, aus Wuppertal nahe Köln. Sein Weg führte ihn zunächst nicht in die Natur, sondern in ein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre und des Wirtschaftsingenieurwesens in Stuttgart. Die Kamera begleitete ihn damals, ja– aber eher nebenbei, ohne großen Anspruch.
Erst mit dem Umzug nach Schweden, kurz vor Beginn der Pandemie, begann sich etwas zu verändern. „Ich war schon immer fasziniert von Skandinavien – von der Wildnis, der Weite und dieser besonderen Ruhe,“ erzählt Julien.
Als das öffentliche Leben im Frühjahr 2020 stillstand, fand er etwas, das ihn nachhaltig prägen sollte: Zeit.
„Das war die Phase, in der ich wirklich jeden Tag mit der Kamera draußen war. Zeit zum Lernen, zum Beobachten, zum Ausprobieren – und auch zum Verwerfen.“
Die Natur Skandinaviens – rau, weit, still – wurde dabei mehr als ein Motiv. Sie wurde zu einem Raum, in dem sich sein Blick klärte.
Fotografie als Weg
Heute beschreibt Julien Fotografie nicht als Fähigkeit, die man besitzt, sondern als Weg, den man geht. Sein Schwerpunkt liegt auf der Landschaftsfotografie – nicht zuletzt, weil sie ihm erlaubt, langsamer zu werden.
„Für mich ist Landschaftsfotografie fast meditativ. Man hat Zeit, die Landschaft zu erkunden und sie festzuhalten, während man sie erlebt.“
Im Gegensatz zu schnellen Genres gehe es hier nicht um den perfekten Moment, sondern um Präsenz. „Es gibt dir Energie,“ erklärt Julien. Diese Haltung prägt auch seine Arbeit mit Gästen: kein Leistungsdruck, kein Vergleich – sondern Offenheit.
Auch technisch bleibt er bewusst entspannt. „Die Ausrüstung ist viel weniger wichtig, als viele denken. Es geht um Perspektive, um Komposition.“
„Ich hatte einmal eine Teilnehmerin, die nur mit dem Smartphone fotografiert hat – und sie hat unglaublich schöne Bilder gemacht.“
Der Norden als Wendepunkt
Ein Schlüsselmoment auf seinem Weg war die erste Winterreise nach Schwedisch-Lappland Ende 2020. Mit dem Nachtzug fuhr Julien in den hohen Norden.
„Ich kam aus einer Gegend, in der es vielleicht ein paar Tage Schnee im Jahr gibt. Und plötzlich war ich in einer Landschaft, die sich angefühlt hat wie ein Film.“
Gefrierende Flüsse, blau schimmerndes Eis, Wasserfälle im Übergang vom Fließen zur Starre – diese Eindrücke hinterließen Eindruck. „Das war einfach überwältigend. Ich hatte so etwas noch nie gesehen.“
„Wenn der erste Schnee fällt und die Gewässer anfangen zu frieren – das sieht man nicht oft.“
Vom Hobby zur Profession
2021 begann Julien in Stockholm, erste Fotowalks anzubieten. „Das war der Punkt, an dem ich gemerkt habe: Das ist mehr als ein Hobby.“ Aus Stadtspaziergängen wurden Tagesausflüge, aus Ideen konkrete Touren. Schließlich zog es ihn für einen ganzen Winter nach Abisko, in den hohen Norden Schwedens.
Vier Monate lang leitete er dort Nordlichttouren speziell für Fotografie. Die Dunkelheit empfand er dabei nicht als Einschränkung – „man ist den ganzen Tag draußen, und der Himmel kann stundenlang pink sein“. Herausfordernder war die Kälte: Während der Oberkörper meist gut geschützt sei, würden vor allem Hände und Zähne leiden. Trotz allem beschreibt er diese Zeit als intensiv und prägend – „den schwedischen Winter wirklich zu leben und aufzusaugen, das war mega“.
Reiseleitung mit Gefühl
Als Reiseleiter bei Travel to Nature versteht Julien seine Rolle bewusst ganzheitlich. Fotografie ist ein Teil der Reise, aber nicht alles. „Ich versuche immer, auch Aktivitäten abseits der Kamera einzubauen,“ erzählt er – etwa Besuche im Sami-Museum, Hundeschlittenfahrten oder einen Drink im Eishotel.
Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm eine Tour mit schwierigen Bedingungen. „Es hat im Winter geregnet. Die Bedingungen waren eigentlich schlecht.“ Trotzdem war die Stimmung in der Gruppe außergewöhnlich. „Die Gäste haben mir später gesagt, es war eine der schönsten Erfahrungen überhaupt.“
Für Julien zeigt sich darin die Essenz des Reisens: „Es geht nicht immer um das perfekte Wetter – sondern um die Energie, die man miteinander teilt.“
Spontanität statt Kontrolle
Auch fotografisch setzt Julien auf Offenheit. Zwar plant er bestimmte Motive bewusst, doch die schönsten Bilder entstehen für ihn oft spontan. „Spontan zu fotografieren ist entspannter,“ sagt er. „Wenn man zu viel plant und die Bedingungen nicht stimmen, ist die Enttäuschung viel größer.“
Ein Blick nach vorn
Heute arbeitet Julien als Vollzeitfotograf. Seine Wunschliste ist lang: Neuseeland, Australien, Südamerika. „Die Kombination aus Bergen und Meer fasziniert mich total,“ sagt er. Langfristig möchte er alle Kontinente bereist haben.
Doch wichtiger als das Abhaken von Zielen ist für ihn etwas anderes: offen zu bleiben. „Fotografie darf wachsen, genau wie der eigene Blick.“
Vielleicht ist das die Botschaft, die zwischen seinen Bildern mitschwingt – und die auch Reisende bei Travel to Nature begleitet: Es ist nie zu spät, sich weiterzuentwickeln. Man muss nur bereit sein, wirklich hinzusehen.