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Fotografensilhuetten im Sonnenuntergang vor Bergkulisse

Schneeleopard in Ladakh –

Paul Stoll im Reich des Geistes der Berge

Paul Stoll / 08.11.2025 Blog author avatar

Über einen Meter lang ist der Schwanz des Schneeleoparden. Er hilft ihm, selbst steilste Hänge hinunter zu balancieren. Mit einem einzigen Sprung überwindet er bis zu sechzehn Meter – fast lautlos, fast schwerelos. Seine Lungen sind perfekt an die eisige Höhe angepasst, sein Fell schützt ihn vor Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Der Schneeleopard ist eine der extremsten Katzen der Welt – und lebt in einem noch extremeren Lebensraum. In den höchsten Gipfeln unserer Erde ist er zu Hause. Mit seinem grauweißen Fell passt er sich so perfekt an die Felsen an, dass man ihn oft erst erkennt, wenn er sich bewegt.

Kein Wunder also, dass viele Naturfans davon träumen, einmal in ihrem Leben einen Blick auf diese geheimnisvolle Katze zu erhaschen.

Schneeleopard springt Elster hinterher

Der Einzigartige

Zunächst möchte ich mit einem weitverbreiteten Irrtum aufräumen: Der Schneeleopard gehört nicht wirklich zu den Leoparden. Er ist mit Tigern, Löwen und Jaguaren genauso eng verwandt wie mit Leoparden – nämlich nur dadurch, dass alle zur Familie der Großkatzen (Panthera) zählen. Im Gegensatz zu diesen kann der Schneeleopard allerdings nicht brüllen. Er besitzt keine Unterarten wie Tiger oder Löwen und trägt daher auch den passenden wissenschaftlichen Namen Panthera uncia – der Einzigartige.

Der erste Versuch – und der zweite

Meinen ersten Versuch, einen Schneeleoparden in freier Wildbahn zu sehen, startete ich 2023 in Pakistan. Ich war voller Hoffnung – doch blieb ohne Erfolg. Das Klima, die Höhe, die Bedingungen: alles extrem. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich mich so leicht nicht geschlagen gebe. Zwei Jahre später, 2025, wagte ich einen neuen Versuch – diesmal nicht im Karakorum, sondern im Himalaya, genauer gesagt in Rumbak, im indischen Bundesstaat Ladakh. Hier, im riesigen Hemis-Nationalpark, lebt eine der dichtesten Schneeleopardenpopulationen der Welt.

Menschen beobachhten Vögel in Leh, Ladakh
Mann steht vor Klosteranlage in Leh

Ankommen in großer Höhe

Ladakh erreicht man am besten mit dem Flugzeug von Delhi aus. Der Flughafen von Leh liegt auf etwa 3.000 Metern Höhe – und das merkt man sofort. Noch bevor die eigentliche Reise beginnt, heißt es: Akklimatisieren. Ich weiß aus Erfahrung, dass ich auf schnelle Höhenunterschiede empfindlich reagiere, also blieb ich erst einmal zwei volle Tage im Hotel.
Mein Rezept gegen Höhenkrankheit: viel Wasser, etwas Salz und Zitronensaft, dazu leichte Mahlzeiten und absolute Ruhe. Außerdem gibt es Tabletten, die helfen können. Wichtig ist, sich in den ersten Tagen nicht zu viel vorzunehmen. Wer hier übertreibt, zahlt in den nächsten Tagen den Preis.

Ich hielt mich strikt daran – und wurde belohnt: keine Kopfschmerzen, kein Schwindel. So konnte ich die letzten Stunden in Leh nutzen, um ein paar der alten Klöster zu besuchen und meine ersten Himalaya-Vögel zu fotografieren.

Klosteranlage Leh
Hotelzimmer in Ladakh

Rumbak – das Herz des Schneeleopardenlandes
 

Nach der Akklimatisierung ging es endlich los. Wir fuhren entlang des Indus, über schmale, teils abenteuerliche Straßen. Links der Fluss, rechts die steilen Hänge – und immer wieder schmale Pässe mit atemberaubender Aussicht. Nach rund vier Stunden erreichten wir Rumbak, ein kleines Bergdorf mitten im Hochgebirge, umgeben von schroffen, graubraunen Gipfeln, die im Winter in eisiges Licht getaucht sind.

Rumbak ist kein Ort, den man zufällig erreicht. Er liegt versteckt in einem Seitental des Hemis-Nationalparks, dort, wo sich im Winter Schneeleoparden, Blauschafe und Himalaya-Wölfe die schmalen Pfade teilen. Es gibt keine Straßen im klassischen Sinne – nur schmale Wege, auf denen im Sommer das Vieh der Dorfbewohner zieht.

Im Winter verwandelt sich Rumbak in ein Basislager für Tierbeobachter und Fotografen aus aller Welt. Nur wenige Dutzend Menschen leben hier dauerhaft. Viele Familien haben ihre traditionellen Lehmbauten zu kleinen Gästehäusern oder Homestays umgebaut. Dicke Steinwände, winzige Fenster, ein zentraler Ofen und oft nur ein Eimer mit heißem Wasser zum Waschen – so sieht der Alltag hier oben aus.

Mein Hotel war einfach, aber gemütlich. Ich wusste aus Pakistan, dass es kalt werden würde – und hatte mir diesmal einen kleinen Heizlüfter aus Deutschland mitgebracht. Eine goldrichtige Entscheidung. So wurde das Zimmer zur warmen Oase nach stundenlangen Beobachtungen in der Kälte.
Das Essen war typisch indisch, aber an die Berge angepasst: Reis, Hühnchen, Gemüse, Fladenbrot – nahrhaft, lecker und perfekt, um die Kälte aus dem Körper zu treiben.

Früher lebten die Menschen hier ausschließlich von der Viehzucht. Heute spielt der Wintertourismus eine immer größere Rolle. Rumbak ist mittlerweile einer der bekanntesten Orte der Welt, um Schneeleoparden zu beobachten. Diese neue Einnahmequelle hat nicht nur den Lebensstandard verbessert, sondern auch das Bewusstsein für den Schutz der Tiere gestärkt. Statt den „Geist der Berge“ zu fürchten, wird er nun als Symbol des Stolzes gesehen.
 


Auto steht am Beghang, davor Gebetsfahnen
Gemütliches Zimmer mit dicken Kuscheldecken
Mann mit Fellmütze schaut in die Kamera

Die Suche beginnt

So läuft eine Schneeleoparden-Suche ab: Man sucht sich gute Aussichtspunkte, setzt sich hin, trinkt heißen Tee – und wartet. Stundenlang. Mit Spektiv und Fernglas werden die Berghänge abgescannt. Meine Agentur nutzte hochwertige Swarovski-Optiken, und die Spotter sind wahre Meister ihres Fachs. Selbst winzige Punkte in kilometerweiter Entfernung entlarven sie als Blauschafe oder Füchse.

Der erste Tag verlief ohne Erfolg. Wir saßen bis zum Sonnenuntergang im Wind, die Füße kalt, die Finger taub. Doch genau das gehört dazu. Wer einen Schneeleoparden sehen will, braucht Geduld – und ein bisschen Glück.

Ich halte mich bei solchen Expeditionen immer ans Schichtenprinzip: Thermounterwäsche, Jogginghose, Snowboardhose; oben T-Shirt, Fleece, Daunenjacke, Shelljacke. Maximal fünf Schichten – alles darüber wird kontraproduktiv. Und trotz allem: Wenn die Sonne verschwindet, wird es bitterkalt.


Spuren vom Schneeleopard im Schnee
Menschen stehen auf Bergplatasu im Sonnenuntergang

Endlich Erfolg

Am nächsten Morgen hatte ich gerade mein Spektiv aufgebaut, als mein Guide einen Anruf erhielt. Eine Sichtung – gar nicht weit entfernt. Wir sprangen ins Auto, fuhren durch enge Täler, und schon von Weitem sah ich die anderen Fotografen am Hang stehen. Ich griff nach meinem Fernglas – und da war er: ein Schneeleopard!
Etwa 400 Meter entfernt, auf einem Felsen über einem gerissenen Blauschaf.

Ein Moment, den ich nie vergessen werde. Monatelange Planung, Tage des Wartens – und dann plötzlich dieser Anblick: diese kräftige Katze mit dem dichten Fell, völlig ruhig, völlig in ihrem Element. Wir beobachteten sie über Stunden. Immer wieder setzte sie sich um, legte sich in die Sonne, fraß ein Stück vom Riss und verschwand dann wieder hinter einem Felsen.

Da Schneeleoparden ihre Beute oft drei bis fünf Tage lang bewachen, wussten wir, dass er hierbleiben würde. Also planten wir, in den kommenden Tagen immer wieder zurückzukehren.


Schneeleopard frisst totes Blauschaf
Paul Stoll beobachtet Schneeleopard

Die Magie der Stille

 

Was mich am meisten fasziniert hat, war die Ruhe. Nur Wind, Schnee und ab und zu das Rufen eines Bartgeiers. Der Schneeleopard bewegte sich kaum – und doch war jeder Moment voller Spannung.
Plötzlich tauchten auf einem fernen Hang drei Wölfe auf. Sie begannen zu heulen. Links die Wölfe, rechts der Schneeleopard. Ein seltener, fast surrealer Moment. Die Töne hallten durch das Tal, das Licht wurde golden – eine Szene, die sich tief eingebrannt hat.


Menschen stehen vor Bergkulisse im Dunkeln
Paul Stoll beobachtet Tiere durchs Spektiv

Der Showdown

Am letzten Tag dann der große Moment: Inzwischen hatten auch Bartgeier und Elstern den Riss entdeckt und kreisten neugierig über der Stelle. Immer wieder flatterten sie näher, um sich kleine Fleischstücke zu sichern. Der Schneeleopard beobachtete das Treiben zunächst gelassen. Doch irgendwann hatte er genug.

Plötzlich spannte sich sein Körper an – und ohne jede Vorwarnung sprang er los. Ein einziger, kraftvoller Satz, eine Explosion aus Muskeln und Eleganz. Im selben Augenblick drückte ich ab.
Ein Sprungfoto, eingefangen in einem Bruchteil einer Sekunde. Für solche Momente wartet man tagelang. Es war der perfekte Abschluss einer Expedition, die ich so schnell nicht vergessen werde.


Bartgeier klaut Riss von Schneeleopard
Schneeleopard springt Elster hinterher

Fazit

 

Eine Schneeleoparden-Beobachtung ist nichts für Ungeduldige – aber sie bringt dich in eine der abgelegensten und zugleich magischsten Regionen der Welt. Hier oben lernt man, was Geduld bedeutet. Man erlebt, wie Natur, Tiere und Menschen in Balance leben – und versteht, warum diese Katze zu Recht „Geist der Berge“ genannt wird.

Für mich war es mehr als nur eine Sichtung. Es war das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen – still, rau, ehrlich.
Und ja, ich werde zurückkehren.


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